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Erfahrung und Verständnis von Beeinträchtigungen: Ergotherapie-Studierende erstellten Online-Lernangebot für Kinder

Erfahrung und Verständnis von Beeinträchtigungen

Drei Ergotherapie-Studierende der FH Gesundheitsberufe OÖ GmbH haben für Welser Volksschulkinder ein freiwilliges Lernangebot erstellt. Dieses beschäftigt sich mit dem Thema körperliche Beeinträchtigungen und wie sich diese „anfühlen“. Ziel war es, Verständnis und Empathie für Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen zu entwickeln.

Aufgrund der derzeitigen Ausnahmesituation rund um COVID-19 haben sich Julia Lindenbauer, Birgit Zarzer und Lisa Herndl, Studierende des Bachelor-Studiengangs Ergotherapie der FH Gesundheitsberufe OÖ GmbH, dazu entschlossen, für Kinder der jahrgangsgemischten Klasse
der Volksschule 3 Wels ein freiwilliges E-Learning-Angebot zu erstellen. Inhaltlich ging es dabei um körperliche Beeinträchtigungen. Die Idee war es, Kindern trotz der Ausgangsbeschränkungen eine Möglichkeit für sinnvolle Beschäftigung zu bieten. Beschäftigung und Betätigung sind wesentliche Ziele der Ergotherapie, da diese unter anderem Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen und damit gesundheitsfördernde Wirkung haben. Durch ein bereits abgeschlossenes Projekt bestand bereits der Kontakt zwischen den Lehrkräften, den Schüler*innen der jahrgangsgemischten Klasse und den Studierenden. Nach vielen positiven Rückmeldungen seitens der Volksschullehrpersonen Andrea Lindenbauer und Christian Colic war es naheliegend, dieses Thema noch einmal vertiefend aufzugreifen.

Kurzvideos, Challenges und Reflexionen
Im Rahmen des E-learning-Angebotes wurden den Volksschulkindern körperliche Beeinträchtigungen wie Geh-, Seh-, Hör-, Gleichgewichtsbeeinträchtigung und Beeinträchtigung des Spürens nähergebracht. Die Wissensvermittlung erfolgte über den Youtube-Channel
“Beeinträchtigungen erklärt & erlebt” der drei Studierenden. In eigens erstellten Kurzvideos wurden Inhalte kindgerecht aufbereitet und mithilfe von Beispielen verdeutlicht. Bei Aufgaben, sogenannten “Challenges”, durften die Kinder die jeweilige Beeinträchtigung dann im Selbstversuch am eigenen Körper erfahren und im persönlichen Alltag ausprobieren. Um eine Sehbeeinträchtigung nachvollziehen zu können, ließen sich die Kinder zum Beispiel ihre Augen von den Eltern verbinden und versuchten sich anschließend in bestimmten Aufgabenstellungen. Zu jeder Beeinträchtigung gab es auch eine Reflexionsaufgabe. Dabei wurden die Kinder mittels gezielter Fragestellungen zum eigenständigen Reflektieren angeleitet. Eine Online-Pinnwand diente den Kindern während der einwöchigen Projektlaufzeit als klasseninternes
Austauschmedium. Die Kinder waren mit viel Eifer mit dabei – zum Beispiel beim Eier schälen und essen mit simulierter Sehbeeinträchtigung. „Das Ei hat sehr gut geschmeckt. Wie es unter dem Tisch nach dem Schälen aussah, sagen wir lieber keinem.“ Über das Stufensteigen mit
simuliertem Beingips sagte ein Kind, dass es anfangs „sehr schwierig“ war, nachdem er es aber „mit dem anderen Bein als Erstes“ probiert hatte, war es schaffbar.

Verständnis und Empathie durch Selbsterfahrung
Rückmeldungen zum Projekt wurden anhand einer Online-Umfrage gesammelt und sie waren durchwegs positiv. Der Großteil der Kinder gab an, Menschen mit einer Beeinträchtigung jetzt besser zu verstehen und zukünftig anders mit ihnen umgehen zu wollen. “Den Schülerinnen
und Schülern wurden Schwierigkeiten, die aufgrund von Beeinträchtigungen bestehen, auf kindgemäße Art nähergebracht. Der Spaß und das Interesse waren groß und auch die Neugier der anderen Klassen wurde geweckt”, so Andrea Lindenbauer, Lehrerin der jahrgangsgemischten Klasse der Volksschule 3 Wels, die das Projekt seitens der Schule begleitete.

„Wie machst du das?“ – Inklusion und Beeinträchtigung
Das Projekt entwickelte sich aus dem Vorgängerprojekt „Wie machst du das? – Den Alltag mit Beeinträchtigungen erleben“. Dieses wurde von sechs Studierenden des Studiengangs Ergotherapie (Julia Lindenbauer, Sarah Girlinger, Katrin Mallinger, Susanna Hobl, Lukas Selinger, Lisa Herndl) im Rahmen der Lehrveranstaltung „Spezielles Projektmanagement“ unter der Leitung von Manuela Ludwig, MSc. (Mitglied Lehr- und Forschungspersonal Studiengang Ergotherapie) erarbeitet. Den Kindern wurden dabei Informationen zu körperlichen Beeinträchtigungen mithilfe von Fallbeispielen und einem Stationenbetrieb nähergebracht. Die Durchführung erfolgte direkt im Schulsetting durch die sechs Studierenden in Absprache mit den Klassenlehrpersonen Andrea Lindenbauer und Christian Colic. Hauptprogrammpunkt war neben Fallbeispielen und Rollenspielen ein Stationenbetrieb, bei dem die Kinder erste Erfahrungen zum Thema körperliche Beeinträchtigungen sammeln durften. Der Inhalt Beeinträchtigungen wurde gewählt, da das Thema Inklusion auch im schulischen Kontext eine große Rolle spielt. Ein Ziel war es, Kindern aufzuzeigen, dass beinahe jeder schon einmal eine Beeinträchtigung in irgendeiner Form hatte oder aktuell hat. Eine solche ist somit nichts Fremdes und Unnatürliches, sondern vielmehr etwas Alltägliches und Normales. Egal ob Brille oder Gipsbein – Beeinträchtigungen gehören zum Leben. Ergotherapeut*innen können hier präventiv intervenieren, indem sie Verständnis für Beeinträchtigungen schaffen und Reflexionsprozesse anstoßen. Damit sollen Berührungsängste abgebaut und Empathie angeregt werden. Dass Lehrerpersonen als Projektpartner eine wichtige Rolle spielen, stand ebenso bald fest. Denn sobald in der Ergotherapie mit Kindern gearbeitet wird, ist der Einbezug ihres Lebensumfeldes (und somit auch der Lehrer/innen) zentral. Ganz unabhängig davon, ob es sich um eine „face to face“ Therapie oder ein Online-Lernangebot handelt.

Weiterführende Projekte
In der momentanen Ausnahmesituation rund um COVID-19 erlebt derzeit jede/r Einschränkungen im Alltag. Auch unter diesem Blickwinkel erschien den Studierenden das Thema Beeinträchtigungen passend. Und eine Weiterführung des Projekts wird derzeit angedacht. Dabei könnte es in Richtung Elternbefähigung gehen.